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Mit dem André-Schroeder-Forschungspreis zeichnet das ITI jährlich zwei Forscherteams für herausragende Arbeiten aus, welche die dentale Forschung und Entwicklung voranbringen. Das Forum Implantologicum sprach mit Dr. Stefan Bienz über seine preisgekrönte Studie „Klinischer und histologischer Vergleich der Weichgewebemorphologie an Zirkon- und Titanimplantaten unter gesunden und experimentellen Mukositisbedingungen – eine randomisierte kontrollierte klinische Studie“ und seine Zukunftspläne.
Forum Implantologicum (FI): Könnten Sie für uns kurz Ihre bisherige akademische Laufbahn schildern?

Stefan Bienz (SB): Nachdem ich 2011 mein Studium in Zürich abgeschlossen hatte, arbeitete ich in den niedergelassenen Praxen von Andreas Grimm und Ueli Grunder/David Schneider. Mein Ziel war seinerzeit, nach meiner Facharztausbildung wieder in die zahnärztliche Praxis zurückzukehren. Im Jahr 2015 bot mir Ronald Jung eine Tätigkeit als Forschungsassistent an der Universität Zürich an. Ich nahm sein Angebot an, wobei mir offen gesagt gar nicht bewusst war, was für Möglichkeiten sich mir dadurch eröffnen würden. Anschließend beendete ich parallel zu meiner Forschungstätigkeit meine Facharztausbildung unter Christoph Hämmerle und genoss dann einen Forschungsaufenthalt in der Abteilung von Saso Ivanovski an der Universität Queensland, Australien. Seitdem arbeite ich an der Klinik für Rekonstruktive Zahnmedizin der Universität Zürich. Diese Tätigkeit umfasst neben der Behandlung von Patienten die Ausbildung von Studenten und Postgraduierten sowie Forschungstätigkeit.

FI: Was weckte Ihr Interesse an der Forschung, insbesondere auf dem Gebiet der Implantologie?

SB: Wie bereits erwähnt, habe ich mich selbst immer in der Rolle des Arztes gesehen. Die ersten Schritte als Forschungsassistent weckten aber meine wissenschaftliche Neugier. Zu dem Zeitpunkt war mir gar nicht bewusst, dass ich nun zu einer erfahrenen Forschergruppe gehörte, was natürlich ein Glücksfall war. Inzwischen bin ich dafür sehr dankbar. An der Universität lernt man ununterbrochen, was gleichzeitig motivierend und befriedigend ist. Es gibt so viel zu lernen – Forschungsmethodik, Statistik, Schreiben und Histologie, um nur ein paar Aspekte zu erwähnen. Nach etwa zwei Jahren begann ich zu verstehen, dass dies in Kombination mit der Behandlung von Patienten ein bereichernder Teil der Arbeit ist. In dieser Zeit wurde mir auch klar, dass mein Interesse eher den biologischen als den technischen Aspekten gilt. Natürlich hat die Kombination von klinischer und wissenschaftlicher Arbeit Vor- und Nachteile. Ich bin mit unserer Regelung sehr zufrieden – sie macht jeden Tag anders und interessant.

FI: Könnten Sie für uns kurz das Thema Ihrer preisgekrönten Studie umreißen und uns daran teilhaben lassen, warum Sie sich dafür entschieden haben?

SB: Diese Studie sollte klären, ob Zirkon auf Weichgewebeniveau bei gesunder Mukosa und bei Mukositis anders abschneidet als Titan. In den letzten Jahren hat das Interesse an Zirkonimplantaten stark zugenommen. Derzeit geht man davon aus, dass Zirkonimplantate auf Hartgewebeniveau vergleichbare Ergebnisse erzielen wie Titanimplantate und auf Weichgewebeniveau sogar erfolgreicher sind. Daher stuften wir den Weichgewebeanteil als relevante Ergebnisvariable ein. Wir hätten diese Studie auch mit Bone-level-Implantaten aus Zirkon und Titan durchführen können. Durch die Verwendung von zwei einteiligen Implantaten aus unterschiedlichen Materialien konnten wir jedoch einen Bias beispielsweise durch die Mikrospalte verhindern, alle Teile wiesen eine ähnliche Geometrie auf. Rückblickend ist unsere Forschungsgruppe sehr stolz auf das patientenbezogene Studiendesign sowie auf den Umfang des Gesamtprojekts.

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Abb. 1: Die André-Schroeder-Forschungspreis Gedenkmünze
FI: Was sind die Hauptergebnisse Ihrer Studie?

SB: Insgesamt schnitten Zirkon und Titan ähnlich ab. Schon früher zeigten Abrahamsson und Welander, dass Titan und Zirkon bei der Integration der Weichgewebe bessere Ergebnisse erzielen als Gold, Kunstharze und Verblendkeramiken. Während die Ergebnisse bei gesunder Umgebung relativ ähnlich waren, fanden sich bei einer Mukositis an Zirkonimplantaten eine geringere Plaqueakkumulation und eine geringere Blutung beim Sondieren. Dieses klinische Ergebnis war recht eindeutig. Histologisch konnten wir die Frage nicht mit der gleichen Klarheit beantworten. Dazu müsste ich jetzt mehr ins Detail gehen. Interessant ist, dass wir anders als präklinische Studien keine Unterschiede der biologischen Breite oder der Länge des Saumepithels feststellen konnten. Zwischen den Patienten bestanden große interindividuelle Unterschiede, nicht aber zwischen den beiden Implantattypen.

FI: Welche Bedeutung hat Ihr Projekt für den klinischen Alltag und welchen Fortschritt bedeuten Ihre Ergebnisse Ihrer Ansicht nach für das Gebiet der Implantologie?

SB: Angesichts der vorliegenden Studie wäre Zirkon aus biologischer Sicht für mich das Material der Wahl auf Weichgewebeniveau. Da die Prävalenz der Mukositis recht hoch ist, wird jeder Patient, der ein Implantat erhalten hat, mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit eine Mukositis entwickeln. In dieser speziellen Situation könnte sehr gut Zirkon einen Vorsprung haben. Allerdings gibt es auch eine technische Seite und unterliegen Keramikimplantate ebenso wie Keramikabutments auf Titanimplantaten gewissen Einschränkungen. Dies bedeutet, dass sie im klinischen Alltag nicht bei allen Patienten verwendet werden können und sollten.

FI: Wie stufen Sie als Gewinner des André-Schroeder-Forschungspreises die Bedeutung von Organisationen wie dem ITI für die Forschung auf dem Gebiet der Implantologie ein?

SB: In Zürich habe ich gelernt, dass wissenschaftliche Fragestellungen immer klinisch relevant sein sollten. Idealerweise sollten sie aus klinischen Problemen im Praxisalltag abgeleitet werden. Manche dieser Forschungsideen liegen im Interesse von Firmen, die einzelne Teile oder Materialien herstellen, sodass diese die Studien oft finanzieren. Andere liegen nicht in deren Fokus und würden nicht näher untersucht werden, gäbe es nicht die Möglichkeit, sich bei Stiftungen um Stipendien zu bewerben. Außerdem wird die Forschung dadurch unabhängiger. Dies ist für mich auch der wichtigste Aspekt. Natürlich gibt es noch viele weitere positive Aspekte, wie Ausbildung, Promotion und Networking für Nachwuchswissenschaftler. Der André-Schroeder-Forschungspreis ist eine wundervolle Anerkennung der harten Arbeit unseres Teams und wir sind sehr stolz auf diese Auszeichnung.

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Fig. 2: Die ITI-Präsidentin Charlotte Stilwell überreicht Stefan Bienz auf der ITI Annual Conference in Rom, Italien, den André-Schroeder-Forschungspreis 2022 für klinische Forschung
FI: Könnten Sie uns eventuell etwas über anschließend geplante Projekte erzählen? Was sind aus Ihrer Sicht die Topthemen der Implantologie?

SB: Die Weichgewebeintegration ist inzwischen ein wichtiges Thema in der Implantologie. Sie hängt meiner Ansicht nach mit zwei Bereichen zusammen, in denen wir um ein besseres klinisches Verständnis bemüht sind. Der eine ist die chirurgische Weichgewebeadaptation, bei der wir uns auf die Ersatzmaterialien konzentrieren. Der andere hängt stark mit dem Gebiet der Prothetik zusammen und umfasst Emergenzprofile, Materialien und Verbindungen sowie neue Arbeitsabläufe mit weniger Interventionen.

Über den André-Schroeder-Forschungspreis

Die André-Schroeder-Forschungspreise für präklinische und klinische Forschung werden jährlich verliehen und sind jeweils mit 10.000 Schweizer Franken dotiert. Mit dem Preis werden unabhängige Wissenschaftler ausgezeichnet, welche die dentale Forschung und Entwicklung voranbringen. Ziel ist es, neue wissenschaftliche Erkenntnisse auf den Gebieten der Implantologie und oralen Geweberegeneration sowie in verwandten Gebieten zu fördern. Der Preis wird zu Ehren des verstorbenen Professors André Schroeder (1918–2004), dem Gründungspräsidenten des ITI, verliehen, der ein Vorreiter auf dem Gebiet der Implantologie war und dessen Lebenswerk entscheidend zur modernen Zahnheilkunde beigetragen hat. Weitere Informationen finden Sie auf www.iti.org/research/andre-schroeder-prize