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Zusammenfassung

Hintergrund: Die personalisierte Medizin (PM) zielt darauf ab, Diagnostika und Therapeutika auf der Grundlage eines umfassenden Verständnisses der individuellen Merkmale, einschließlich genotypischer, phänotypischer und verhaltensbezogener Aspekte, individuell anzupassen. Durch den Ansatz sollen rechtzeitig wirksame Behandlungs- und Präventionsmaßnahmen erarbeitet werden. Der personalisierte Ansatz wird vor allem durch Weiterentwicklungen in der Technologie und den datengesteuerten Systemen des Gesundheitswesens ermöglicht. Durch die Individualisierung von Patientenversorgung und -therapien verbessern aktuelle Fortschritte die Implantologie. Dazu gehören künstliche Intelligenz (AI), OMICS (der vollständige Satz biologischer Moleküle in einem Individuum), computergestützte Implantatchirurgie (CAIS), dreidimensionaler Druck (3D) und Bioprinting.

Ziele: In diesem narrativen Review werden aktuelle Aspekte der personalisierten Implantologie und ihre klinische Umsetzung untersucht.

Schlussfolgerung: Auch wenn es eine ferne Realität sein mag, birgt die personalisierte Implantologie ein großes Potenzial. Sobald sie realisierbar ist, wird sie die Vorhersage von Krankheiten verbessern und gezielte Präventions- und Therapiemaßnahmen ermöglichen, was letztlich die Ergebnisse für die Patienten verbessert und die Nebenwirkungen minimiert.

Einleitung

Das Konzept der Personalisierten Medizin (PM) zielt darauf ab, die Behandlungsstrategien auf die individuellen Bedürfnisse jedes einzelnen Patienten abzustimmen. Dieser Ansatz erfordert eine gründliche Analyse komplexer biologischer Systeme und individueller phänotypischer und verhaltensbezogener Daten, wobei sowohl biologische als auch klinische Informationen einbezogen werden. Das Hauptziel besteht darin, rechtzeitig sichere Diagnosen und wirksame Behandlungen bereitzustellen und gleichzeitig Präventivmaßnahmen zu ergreifen, die auf den Zustand des jeweiligen Patienten und sein Krankheitsmanagement zugeschnitten sind. Durch die umfassende Integration soll eine optimale präventive und therapeutische Versorgung erreicht werden. Einige Aspekte der PM stimmen mit dem Konzept der P4-Medizin überein, das für einen präziseren und personalisierten, aber auch präventiven und partizipativen Ansatz in der Gesundheitsversorgung steht (European Council 2015; Joda & Zitzmann 2022; Bartold & Ivanovski 2022; Schwendicke & Krois 2022) (Abb. 1).

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Abb. 1: Die P4-Medizin ist ein ganzheitliches Modell, das prädiktive, präventive, personalisierte und partizipative Elemente kombiniert.

PM begann in den 1990er-Jahren Gestalt anzunehmen, angetrieben von Fortschritten in der Genomforschung und den Datenverarbeitungstechnologien (Colins & Fink 1995). Trotz erster Fortschritte, wie der Nutzung von OMICS-Technologien zur Identifizierung von krankheitsassoziierten Genen und therapeutischen Zielen (Hood 2013; Pirmohamed 2023), steckt die Umsetzung von PM, insbesondere im zahnmedizinischen Bereich, noch in der Konzeptionsphase und erfordert weiterhin viel Entwicklungsarbeit.

Derzeit wird in der Zahnmedizin so vorgegangen, dass Patienten durch Risikostratifizierung in Risikogruppen eingeteilt werden. Anhand von Risikofaktoren können Zahnmediziner Präventionsmaßnahmen und Behandlungspläne besser auf die Bedürfnisse der Patienten abstimmen. Dabei wird grundsätzlich allen Patienten einer Gruppe die gleiche Behandlung zugewiesen, wodurch nur eingeschränkt die Möglichkeit einer personalisierten Versorgung besteht (Schwendicke & Krois 2022; Hung et al. 2023). Das Verständnis der Faktoren, die auf individueller Ebene zu Pathogenese, Fortschreiten und Management von Krankheiten beitragen, ist für die personalisierte Zahnmedizin unerlässlich. Es hilft bei der Vorhersage von Reaktionen auf ätiologische Faktoren, der Wirksamkeit der Behandlung und der Wahrscheinlichkeit der weiteren Krankheitsentwicklung. Ein bedeutender Fortschritt in der personalisierten Versorgung wird die Identifizierung zuverlässiger, klinisch validierter Biomarker sein, die mit bestimmten Krankheiten assoziiert sind. Anhand derartiger Biomarker lassen sich therapeutische Ziele bestimmen, Diagnosefehler reduzieren und das Ansprechen auf die Behandlung überwachen. In Kombination mit epidemiologischen und Ergebnisstudien erleichtern sie zudem die Beurteilung der Wirksamkeit von Maßnahmen und die Anpassung von Verfahren an die individuellen Bedürfnisse jedes Patienten (Kornman & Duff 2012; Ballman 2015).

Die Implantologie hat das Potenzial, in Klinik und Forschung verschiedene technologische und computergestützte Innovationen, wie künstliche Intelligenz (KI), dreidimensionales Drucken (3D), virtuelle chirurgische und prothetische Planung und OMICS (definiert als die Charakterisierung und Quantifizierung aller biologischen Moleküle in einem Organismus), zu implementieren. Diese Fortschritte haben ein vielversprechendes Potenzial auf dem Weg zur personalisierten Implantologie. Der vorliegende Artikel befasst sich mit den aktuellen Aspekten der personalisierten Implantologie und betrachtet ihre Perspektiven.