Künstliche Intelligenz (KI) verändert die Implantologie rasant, von der Diagnostik und Behandlungsplanung über chirurgische und restaurative Ansätze bis hin zur Patientenkommunikation. Doch wie wird sie die tägliche Praxis in naher Zukunft prägen? In dieser Ausgabe von „Fragen Sie die Experten“ haben wir Gülce Çakmak (Schweiz), Nikos Mattheos (Thailand), Wiebe Derksen (Niederlande) und Yiqun Wu (China) gebeten, ihre Meinung zum Potenzial und den Versprechen der KI in dieser sich entwickelnden Landschaft zu teilen.
Einführung
Gülce Çakmak
Meiner Ansicht nach hat die künstliche Intelligenz (KI) bereits begonnen, Arbeitsabläufe tiefgreifend und nuanciert umzugestalten. Heute verbessern KI-basierte Tools die Effizienz, Produktivität und Vorhersagbarkeit der täglichen Praxis. Mit KI könnten erfolgreiche Ergebnisse bei der Identifizierung und Klassifizierung von Zahnpathologien auf digitalen Bildern erreicht werden. Die Behandlungsplanung könnte durch KI-gestützte DVT-Segmentierung revolutioniert werden, indem die Vorbereitungszeit bei gleichbleibender Genauigkeit reduziert wird. Die Interpretation von Röntgenbildern könnte selbst in schwierigen Szenarien, z. B. bei Metallartefakten, verbessert werden. Die Implantatidentifikation könnte einfacher werden, und die automatische Implantatplanung, das Design von Bohrschablonen und minimalinvasive Operationen könnten erleichtert werden. Ein KI-gestütztes Smile Design könnte die Akzeptanz der Behandlung und die Kommunikation durch eine sofortige ästhetische Vorschau verbessern. Die Planung von Restaurationen könnte mit größerer Zeiteffizienz und verbesserten funktionellen und ästhetischen Ergebnissen durchgeführt werden.
Die vielversprechendsten Entwicklungen sehe ich in der Integration von KI und Augmented Reality für die chirurgische Navigation, in der Biosensorik für die Echtzeitüberwachung der periimplantären Gesundheit und in der Weiterentwicklung der personalisierten, prädiktiven, präventiven und partizipativen Zahnmedizin (P4-Zahnmedizin). In Zukunft könnte KI anhand der SAC-Klassifizierung Empfehlungen für die Behandlungsplanung geben.
„Innovationen im Bereich der KI werden klinisches Fachwissen nicht ersetzen, sondern vielmehr die Effizienz klinischer Arbeitsabläufe, das Praxismanagement und die Entscheidungsfindung verbessern.“
Aus meiner Sicht wird KI unser Leben verändern, und der Zugang zu Wissen wird nicht länger eingeschränkt sein. Innovationen in der KI werden klinisches Fachwissen nicht ersetzen, sondern vielmehr die Effizienz klinischer Arbeitsabläufe, das Praxismanagement und die Entscheidungsfindung verbessern, indem sie objektive Daten liefern, welche die klinische Beurteilung ergänzen und Komplikationen reduzieren. Die erfolgreiche Integration von KI erfordert ein Gleichgewicht zwischen technologischer Begeisterung und klinischem Urteilsvermögen. Jeder Arzt sollte sich der derzeitigen Grenzen der KI bewusst sein und erkennen, wo die technologische Unterstützung der menschlichen Expertise weichen muss.