Wegen seiner Fähigkeit, die Angiogenese im Gewebe stark zu beschleunigen, wird Platelet-Rich Fibrin (PRF) seit mehr als einem Jahrzehnt in der Implantologie eingesetzt. Im Laufe der Jahre wurden bei der effektiven Konzentration von Plättchen und Wachstumsfaktoren sowie bei der Indikationsstellung für ihren klinischen Einsatz zur Regeneration von Hart- und Weichgeweben große Fortschritte erzielt. Der vorliegende Artikel liefert einen kurzen historischen Abriss der bei Plättchenkonzentraten erzielten Fortschritte – von PRP bis zu eher autologen dreidimensionalen Gerüsten, wie sie in PRF vorhanden sind. Anschließend wird ausführlich die langjährige Forschung erörtert, die zu geeigneten Protokollen und Methoden zur optimalen Konzentration von PRF geführt hat. Zum Schluss werden anhand von Fallbeispielen die klinischen Indikationen und Einsatzgebiete von PRF vorgestellt – insbesondere beim Management von Extraktionsalveolen, der Alveolarkammaugmentation und der implantologischen Behandlung. Fallserien haben gezeigt, dass sich die In-situ-Haltbarkeit von Membranen aus extended-PRF durch BioHeat-Technologie von 1–2 Wochen auf 4–6 Monate verlängern lässt. Somit kann die in Standardverfahren der Implantologie verwendete Kollagenmembran durch einen kostengünstigeren und stärker biologisch ausgerichteten Ansatz ersetzt werden.
Da Plättchenkonzentrate sehr schnell autologe Wachstumsfaktoren freisetzen können und dadurch schlussendlich die Wundheilung beschleunigen, werden sie seit mehr als 20 Jahren in der Medizin eingesetzt. Als regenerative Substanzen aus autologen Quellen, welche die Geweberegeneration stimulieren können, haben sie in mehreren medizinischen Gebieten einen immensen Aufschwung erlebt (Miron 2021; Anfossi et al. 1989; Fijnheer et al. 1990). Vor vielen Jahren wurde beschrieben, dass sich nach der Konzentration von Thrombozyten mittels Zentrifugation in der plättchenreichen Plasmaschicht aus dem Blut stammende Wachstumsfaktoren anreichern und gewonnen werden können, sodass sie später zur Förderung der Wundheilung im Operationsgebiet verwendet werden könnten (Anfossi et al. 1989; Fijnheer et al. 1990). Inzwischen ist gesichert, dass Plättchenkonzentrate als potentes Mitogen mit folgenden Eigenschaften wirken (Abb. 1):
- Durch die Freisetzung von Vascular Endothelial Growth Factor (VEGF) beschleunigen sie die Revaskularisation von Geweben (Angiogenese) (Choukroun & Miron 2017; Kobayashi et al. 2016).
- Durch die Freisetzung von Platelet-Derived Growth Factor (PDGF) ermöglichen sie die potente Rekrutierung verschiedener Zelltypen inkl. von Stammzellen (Choukroun & Miron 2017; Kobayashi et al. 2016).
- Sie induzieren die prompte Multiplikation (Proliferation) verschiedener Zelltypen, die im menschlichen Körper vorkommen (Choukroun & Miron 2017; Kobayashi et al. 2016; Fujioka et al. 2017).
In die Zahnheilkunde wurden Plättchenkonzentrate vor 20 Jahren von Marx und Kollegen eingeführt, die Blutproteine als natürliche Quelle von Wachstumsfaktoren zur Stimulation der Vaskularisierung (Angiogenese) und der Neubildung von Gewebe konzentrieren wollten, weil die Blutversorgung für die Regeneration aller Gewebe entscheidend ist (Upputuri et al. 2015). Die Wundheilung wird als ein Prozess aus vier Schritten beschrieben: 1) Hämostase, 2) Entzündung, 3) Proliferation und 4) Gewebereifung (Gosain & DiPietro 2024; Eming, Brachvogel et al. 2007; Eming, Kaufmann et al. 2007).
Es ist festzustellen, dass die Verwendung von Plättchenkonzentraten langsam und allmählich an Popularität gewonnen hat, wobei in den letzten 5–10 Jahren ein dramatischer Anstieg zu beobachten war.
Platelet-Rich Plasma (PRP) wurde – wie der Name sagt – so konzipiert, dass es Blutplättchen durch Zentrifugation in supraphysiologischen Dosen in der Plasmaschicht anreichert. Hauptziel war es, eine möglichst hohe Anzahl von Plättchen und der mit ihnen assoziierten Wachstumsfaktoren für Regenerationszwecke zu isolieren, weiter zu konzentrieren und anschließend dieses suprakonzentrierte Gerinnsel in umschriebene Wunden zu implantieren (Miron 2021).
Initial dauerten die Protokolle, abhängig von der Zentrifuge, dem Auffangsystem und dem verwendeten Protokoll, in der Regel 30 Minuten bis eine Stunde. Wegen der längeren Dauer der Protokolle wurden den Blutauffangröhrchen Antikoagulanzien zugegeben. Dabei handelte es sich für gewöhnlich um unterschiedliche Konzentrationen von bovinem Thrombin und Kalziumchlorid.
Trotz des wachsenden Erfolgs und der fortgesetzten Anwendung gab es mehrere Einschränkungen, durch die PRP sein volles Heilungspotenzial verfehlte. Vor allem der Einsatz von Antikoagulanzien erwies sich als hinderlich für die Wundheilung (Miron 2021). Einfach ausgedrückt: Ein Blutgerinnsel ist bei einer Verletzung, die zu einer offenen Wunde führt, der erste und wichtigste Schritt, um eine Heilung zu ermöglichen. Kurz danach verfangen sich Zellen und Wachstumsfaktoren in dieser neu gebildeten extrazellulären Matrix und leiten den Prozess oder die Kaskade der Wundheilung ein. Wird der Körper an der Bildung eines stabilen Gerinnsels im Gewebe gehindert, verzögert sich die Wundheilung. Inzwischen wurden in mehreren Studien bessere Ergebnisse mit PRF als mit PRP nachgewiesen, indem einfach nur die Antikoagulanzien aus den Formulierungen entfernt wurden (Miron 2021).
Ein weiterer Nachteil von PRP bestand darin, dass es wegen der zugegebenen Antikoagulanzien von Natur aus flüssig blieb. Dadurch setzt PRP im Vergleich zu PRF initial schnell sehr viele Wachstumsfaktoren frei, während PRF die Wachstumsfaktoren langsamer und eher abgestufter und allmählich über einen längeren Zeitraum abgibt. Wie man inzwischen weiß, verbessert PRF dadurch das Zellwachstum und die Geweberegenration signifikant (Lucarelli et al. 2010; Saluja et al. 2011).
Wegen des größten Nachteils von PRP – der gestörten Gerinnselbildung durch die zugesetzten Antikoagulanzien – wurde Platelet-Rich Fibrin (PRF) entwickelt, indem einfach nur die Antikoagulanzien weggelassen wurden (Choukroun et al. 2001). Dadurch verkürzte sich die Verarbeitungszeit erheblich und musste die Zentrifugation aus Sicht des Arztes unbedingt schon kurz nach der Blutentnahme beginnen (da das Blut sonst ganz normal im Röhrchen gerinnen würde). Der wichtigste Vorteil dieser Fibrinmatrix ist ihre Fähigkeit zur Freisetzung von Wachstumsfaktoren über einen längeren Zeitraum, während das Fibringerinnsel abgebaut wird (im Gegensatz zu PRP, das flüssig blieb und weitaus schneller Wachstumsfaktoren freisetzte) (Dohan Ehrenfest et al. 2010). Im Laufe der Jahre wurde PRF auch als l-PRF (leukozyten- und plättchenreiches Fibrin) bezeichnet, als erkannt wurde, dass in PRF mehrere Leukozytentypen verblieben.
Vor Kurzem wurde in einer Serie von grundlegenden Laborversuchen festgestellt, dass die horizontale Zentrifugation optimal für die Herstellung von PRF geeignet ist. Horizontale Zentrifugen werden routinemäßig in wissenschaftlichen Spitzenlabors sowie in Krankenhäusern verwendet, da sie Schichten besser anhand ihrer Dichte trennen können. Im Gegensatz zu einer Festwinkelzentrifuge, in welche die Röhrchen in einem Winkel von etwa 45 Grad gesteckt werden, erreichen die Röhrchen bei der horizontalen Zentrifugation (die oft auch als Ausschwingzentrifugation bezeichnet wird) einen Kippwinkel von 90 Grad (Abb. 2).
Bei dieser Technologie werden vier Mal mehr Zellen gewonnen als bei der Festwinkelzentrifugation (Abb. 3) (Miron et al. 2019). Der wichtigste Nachteil von Festwinkelzentrifugen besteht darin, dass die Zellen während der Drehzyklen in der Regel mit hohen g-Kräften an den Rückwänden der Zentrifugenröhrchen entlang getrieben werden, was eine ordnungsgemäße Trennung entsprechend ihrer Zelldichte relativ schwierig macht. Außerdem werden die Zellen an der Rückwand höheren Kompressionskräften ausgesetzt und müssen sich aufteilen, indem sie gemäß ihrer unterschiedlichen Dichte entlang der geneigten Röhrchenwand nach oben oder unten wandern. Da Erythrozyten größer und schwerer als Thrombozyten und Leukozyten sind, wandern sie nach unten, während die leichteren Thrombozyten im Röhrchen ganz nach oben wandern, wo das PRF gesammelt wird. Dadurch wird es für eher kleine Zelltypen, wie die Plättchen und vor allem die Leukozyten schwierig, die oberen Schichten zu erreichen, zumal das Blut etwa 1000 Mal mehr Erythrozyten als Leukozyten enthält. Somit lässt sich mit einer Festwinkelzentrifuge konstruktionsbedingt keine optimale Akkumulation von Thrombozyten oder Leukozyten erreichen.
Allgemein sind für die Herstellung von PRF drei Protokolle erforderlich.
Das erste ist das Standardprotokoll zur Produktion von Membranen aus solid-PRF, bei dem ein hoher Ertrag von Thrombo- und Leukozyten mit gleichmäßiger Verteilung aller Zelltypen in den oberen PRF-Schichten (4–5 ml) erzielt wird. Am besten gelingt dies mit einer horizontalen Zentrifuge (700 RCF für 8 Minuten). Das zweite Protokoll ist eine flüssige PRF-Formulierung, die Thrombo- und Leukozyten in der oberen 1-ml-Schicht konzentrieren kann (früher als injizierbares PRF oder i-PRF bezeichnet). Durch die Verwendung einer horizontalen Zentrifuge werden höhere Konzentrationen sichergestellt (zwar ein kleineres Volumen, aber eine höhere Zellkonzentration). Dieses Protokoll verwendet 300 RCF für 5 Minuten. Das letzte und dritte Protokoll ist das des concentrated-PRF (C-PRF), bei dem die Zellen gezielt mit schnelleren Rotationsprotokollen in Richtung auf den Buffy Coat akkumuliert werden. Am besten wird dies mit 2000 RCF für 8 Minuten erzielt. Dabei kann exakt im Buffy Coat eine zellreiche Zone von 0,3–0,5 ml gesammelt werden (Abb. 4).
In der Zahnheilkunde verwenden die meisten Verfahren 700 RCF für 8 Minuten. Bei der geführten Knochenregeneration (GBR) nutzt vor allem das sogenannte Sticky-Bone-Protokoll diese Rotationsrate, wenn gleichzeitig liquid-PRF (blau oder weiß) und solid-PRF (rot) in Röhrchen entnommen und zentrifugiert werden (Abb. 5). Denken Sie immer daran, zuerst die Liquid-PRF-Röhrchen zu entnehmen.